Chorisches Atmen
Volker Jaekel ist Kantor der Nikodemus-Gemeinde und leitet den gemeinsamen Chor der Nikodemus- und Martin-Luther-Gemeinde. Da liegt es nahe, ihn zum Thema Atmen zu befragen!
Warum macht man eigentlich in der Chorprobe anfangs Atemübungen?
Der Sinn von solchen Übungen ist, ein Gespür für den eigenen Atem zu entwickeln. Einen ,,langen Atem'' zum Singen hat man nur, wenn der Körper entspannt ist. Solange man da noch irgendwo verkrampft ist, fließt der Atem nicht richtig. Das hört man dann auch in der Musik. Deswegen machen wir im Chor auch zu Beginn immer Dehn- und Lockerungsübungen.
Wie weit kommt man denn mit Atemübungen?
Richtige professionelle Sänger müssen jeden Tag stundenlang ihren Atem trainieren: Bauchatmung. Ein elastisches Zwerchfell. Das Öffnen von Resonanzräumen im ganzen Körper.
Ich hatte mal einen Gesangslehrer, da durften wir mal seinen Bauch befühlen und merkten, was der da für Muskeln hat. In einer Chorprobe kommt man natürlich nicht so weit. Aber ein Gespür entwickeln kann man schon.
Ist denn das Atmen grundsätzlich für die Musik wichtig?
Das Atmen ist eigentlich das Zentrale. Man hört auch bei Menschen, die ganz andere Instrumente spielen, ob sie beim Musizieren richtig atmen.
Heißt das: Auch wenn jemand Klavier spielt, muss er richtig atmen?
Als ich in Halle an der Saale Kirchenmusik studierte, da hat mir ein Lehrer geraten, ich sollte die Partituren immer singen, wenn ich sie einübe. Man bekommt dann ein ganz anderes Gefühl für den Fluss der Noten. Deswegen: Ja, auch jemand, der Klavier spielt, braucht für gute Musik ein gutes Atmen.
Dazu fällt mir ein: Unter Musikern unterscheiden wir zwischen Musikologen und Musikanten: Musikologen sind Musiker, die theoretisch an die Musik herangehen, denen eine gute Technik wichtig ist. Die spielen vielleicht die richtigen Noten, aber dem Klang der Musik fehlt etwas. Das kann man hören. Musikanten spielen aus dem Körper heraus, sie atmen entspannt, die Musik fließt und es klingt einfach besser.
Wenn ich im Chor singe, dann sind da in den Noten die kleinen Zeichen zum Luftholen. Entspannt finde ich es nicht, so lange durchhalten zu müssen.
Man darf ruhig atmen, wenn man muss. Wenn der Chor an den markierten Stellen kollektiv einatmen würde, dann würde das Geräusch auch eher die komponierten Klangflächen stören. Ich würde die Atemzeichen in den Noten eher als Tipp des Komponisten verstehen. Und manchmal – gerade in der Barockmusik – sind Zäsuren, also gemeinsame kurze Pausen, auch wichtig. Das erzeugt Spannung.
Aber wenn man im Chor singt, dann ist ,,chorisches Atmen" angesagt: Vertrauen in die Gruppe. Irgendwer singt immer, auch wenn man selbst gerade Luft holen muss. Im-Chor-Singen ist ein Geben und Nehmen.
Und über das Singen kommt die Stimme in den Körper. Gutes Atmen und gutes Singen hängen sehr eng zusammen!
Das Interview führte Katja Neppert.
Chorisches Atmen
Volker Jaekel ist Kantor der Nikodemus-Gemeinde und leitet den gemeinsamen Chor der Nikodemus- und Martin-Luther-Gemeinde. Da liegt es nahe, ihn zum Thema Atmen zu befragen!
Warum macht man eigentlich in der Chorprobe anfangs Atemübungen?
Der Sinn von solchen Übungen ist, ein Gespür für den eigenen Atem zu entwickeln. Einen ,,langen Atem'' zum Singen hat man nur, wenn der Körper entspannt ist. Solange man da noch irgendwo verkrampft ist, fließt der Atem nicht richtig. Das hört man dann auch in der Musik. Deswegen machen wir im Chor auch zu Beginn immer Dehn- und Lockerungsübungen.
Wie weit kommt man denn mit Atemübungen?
Richtige professionelle Sänger müssen jeden Tag stundenlang ihren Atem trainieren: Bauchatmung. Ein elastisches Zwerchfell. Das Öffnen von Resonanzräumen im ganzen Körper.
Ich hatte mal einen Gesangslehrer, da durften wir mal seinen Bauch befühlen und merkten, was der da für Muskeln hat. In einer Chorprobe kommt man natürlich nicht so weit. Aber ein Gespür entwickeln kann man schon.
Ist denn das Atmen grundsätzlich für die Musik wichtig?
Das Atmen ist eigentlich das Zentrale. Man hört auch bei Menschen, die ganz andere Instrumente spielen, ob sie beim Musizieren richtig atmen.
Heißt das: Auch wenn jemand Klavier spielt, muss er richtig atmen?
Als ich in Halle an der Saale Kirchenmusik studierte, da hat mir ein Lehrer geraten, ich sollte die Partituren immer singen, wenn ich sie einübe. Man bekommt dann ein ganz anderes Gefühl für den Fluss der Noten. Deswegen: Ja, auch jemand, der Klavier spielt, braucht für gute Musik ein gutes Atmen.
Dazu fällt mir ein: Unter Musikern unterscheiden wir zwischen Musikologen und Musikanten: Musikologen sind Musiker, die theoretisch an die Musik herangehen, denen eine gute Technik wichtig ist. Die spielen vielleicht die richtigen Noten, aber dem Klang der Musik fehlt etwas. Das kann man hören. Musikanten spielen aus dem Körper heraus, sie atmen entspannt, die Musik fließt und es stört nicht, wenn da eine Note mal nicht sitzt.
Wenn ich im Chor singe, dann sind da in den Noten die kleinen Zeichen zum Luftholen. Entspannt finde ich es nicht, so lange durchhalten zu müssen.
Man darf ruhig atmen, wenn man muss. Wenn der Chor an den markierten Stellen kollektiv einatmen würde, dann würde das Geräusch auch eher die komponierten Klangflächen stören. Ich würde die Atemzeichen in den Noten eher als Tipp des Komponisten verstehen. Und manchmal – gerade in der Barockmusik – sind Zäsuren, also gemeinsame kurze Pausen, auch wichtig. Das erzeugt Spannung.
Aber wenn man im Chor singt, dann ist ,,chorisches Atmen" angesagt: Vertrauen in die Gruppe. Irgendwer singt immer, auch wenn man selbst gerade Luft holen muss. Im-Chor-Singen ist ein Geben und Nehmen.
Und über das Singen kommt die Stimme in den Körper. Gutes Atmen und gutes Singen hängen sehr eng zusammen!
Das Interview führte Katja Neppert.