„Alle Räder stehen still …
…, wenn Dein starker Arm es will“.
Katja Neppert
Wenn mein Onkel von den Arbeitskämpfen der 1970er/1980er Jahre erzählt, dann leuchten seine Augen. Er war damals Drucker in der großen Druckerei der Springerpresse bei Hamburg.Was ist damals nicht alles durchgesetzt worden: Guter Lohn, Weihnachtsgeld, Urlaubsregelungen etc.! Die Arbeitgeber hatten Respekt vor der IG Druck und Papier und mussten sich gut mit der Gewerkschaft stellen, sollte der Betrieb am Laufen bleiben.
Streik war lange Jahre das Mittel der organisierten Arbeitnehmerschaft, um bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Streik als Zwangs-Sendepause erzeugt in unserer durchgetakteten Gesellschaft schnell massiven Druck: Zum Beispiel wenn die Erzieher in den Kitas streiken und eine Ersatz-Betreuung organisiert werden muss. Oder wenn der Jahresurlaub nicht angetreten werden kann wegen eines Streiks des Flughafen-Bodenpersonals.
Doch heute arbeiten die meisten Menschen in kleinen Belegschaften, mit befristeten Verträgen, in nicht gewerkschaftlich organisierten Bereichen. Jeder und jede ist ersetzbar durch Jüngere, Gesündere, Maschinen oder einen billigeren Auslandsstandort der Firma. Obwohl die Arbeitslosenzahlen sinken, ist kaum jemand in der Position, die Machtprobe Streik zu wagen. Wie soll das auch gehen: streiken, wenn man zweimal die Woche 2 Stunden privat bei jemandem putzt?
Nach einer Studie des Instituts für Wirtschaft gab es zwischen 2006 und 2015 in Deutschland durchschnittlich jährlich nur 7 Streiktage pro 1000 Arbeitnehmer, in Frankreich jährlich 117! Auch wenn ich Streikfolgen als Opfer erlebe von Arbeitnehmergruppen, die sich leisten können, ihre Macht auszuspielen – ein Glitzern in meinen Augen rufen sie doch hervor! Denn im Grunde sollten wir alle auch einmal die Stärke unseres Armes spüren können und der Alltagsmaschine bewusst machen dürfen, dass wir es sind, die sie am Laufen halten.