Beschneidung ist Genitalverstümmelung
Als ich vor zehn Jahren Rüdiger Nehberg, Aktivist für Menschenrechte und Survival-Experte, kennenlernte, hatte ich keine Ahnung vom Ritual der Klitorisbeschneidung. Waris Diries Buch „Nomadentochter“ hatte ich noch nicht gelesen und meine eigene Beschneidung hätte ich keinesfalls mit diesem schrecklichen Ritual in Verbindung gebracht, das an vielen Mädchen vollzogen wird.
Rüdiger Nehberg berichtet von seinen Reisen auf den afrikanischen Kontinent, von der Genitalverstümmelung und den lebenslangen Schmerzen beim Wasserlassen, beim Sex, beim Gebären. Er spricht von dem Leid, aber auch von den Erfolgen der von ihm begründeten Menschenrechtsorganisation „Target“. So verkündete der Großmufti von Ägypten, Prof. Dr. Ali Gom’a im Jahr 2006 eine Fatwa, wonach die Beschneidung nicht mit dem Islam vereinbar ist.
Kann es wirklich irgendeine in der Kulturgeschichte wurzelnde Begründung dafür geben, dass Jungen die Vorhaut und Mädchen Teile der Klitoris entfernt werden? Manche wenden ein, die Beschneidung sei „religiöses Gebot“ und nicht Tradition. Ja, zum Teufel, fällt die Religion etwa vom Himmel auf die Erde wie ein Hagelschauer? Ist nicht jedes religiöse Ritual – wie Max Weber beschrieb – Bestandteil menschlicher Kulturgeschichte? Das ist ja die einfachste Ausrede, den lieben Gott für die Genitalverstümmelung verantwortlich zu machen!
Weder ist die Beschneidung Voraussetzung zum religiösen Glauben, noch ist die körperliche Unversehrtheit gegen die kulturelle Tradition abzuwägen. Das Rechtsgut körperlicher Unversehrtheit folgt aus der Vollkommenheit der Schöpfung und der Gottebenbildlichkeit. Nachzulesen ist dies in den heiligen Schriften Tora[1] und Koran[2].
Gegen die Genitalverstümmelung wendeten sich schon die Schreiber des Galaterbriefes vor gut 2000 Jahren mit einem sehr einleuchtenden Argument: „Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.“(Gal 5, 6)
Hallelujah! Dem habe ich ausnahmsweise nichts mehr hinzuzufügen.
Jörg Gemkow, 22. Juli 2012
[1] Genesis 1, 27 „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“
[2] Sure 95. 4 „Wahrlich, WIR haben den Menschen in schönstem Ebenmaß erschaffen.“